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Katalog ULTRA
Die Plastischen Tableaux von Bodo Buhl

In einem Brief an Kurt Schwitters schrieb 1924 der russische Konstruktivist El Lissitzky: „Es wäre … unproduktiver Zeitverlust, wenn man heute nachweisen wollte, dass man nicht mit eigenem Blut und einer Gänsefeder zu schreiben braucht, wenn die Schreibmaschine existiert. Heute zu beweisen, dass die Aufgabe jedes Schaffens, so auch der Kunst, nicht DAR-stellen, sondern HER-stellen ist, ist ebenfalls unproduktiver Zeitverlust. „Das Statement von Lissitzky spiegelt das Selbstbewusstsein eines Teils der Moderne wider, mit und innerhalb der Kunst ein spezifisches, zukunftweisendes Modell errichtet zu haben. Nicht das Kunstwerk als Projektionsfläche der sinnlich fassbaren Aspekte der Außenwelt, als Produkt der künstlerisch-handwerklichen Tätigkeit steht dabei zur Debatte, sondern die Kunst als intellektuelles Konstrukt. Unabhängig von den Gesetzen der Erscheinungswelt und jener der Akademien sollte das Kunstwerk eine selbständige, parallel zur Entwicklung der Technik und zum sozialen Fortschritt entstehende Realität bilden, eine konstruierte Grundlage der rational gesteuerten Evolution der Menschheit. Ähnlich wie die russischen Konstruktivisten haben auch die holländischen Anhänger von de Stijl den Schaffensprozess in engem Zusammenhang mit der Gestaltung von klaren, ablesbaren und geordneten Formen, wie sie im Design und in der Architektur vorkommen, gesehen. Für sie stand fest, dass erst die Verbindung des künstlerischen Ausdrucks mit der zweckmäßigen Konstruktion die Voraussetzung dafür böte, jene Stufe des plastischen Schaffens zu erreichen, an welcher – wie es Theo van Doesburg schrieb – das Kunstwerk „seine ästhetische Funktion frei von allen Hindernissen erfüllen“ kann.

Wie vage auch immer diese „ästhetische Funktion“ von den Russen und Holländern definiert worden war (auch das Bauhaus hat sich in dieser Beziehung schwer getan), entscheidend für den Kunstbegriff des Konstruktivismus blieb die formale Ordnung, die auf eine radikale Ästhetik hinzielte. Dass diese notwendige Voraussetzung jedwelcher sinnvollen Gestaltung mit der Zweckmäßigkeit einhergehen kann, haben El Lissitzky und Theo van Doesburg bei der Lösung von praktischen Aufgaben wie „Demonstrationsraum“ in Hannover oder „Café Aubette“ in Straßburg bewiesen. Diese mit Recht berühmten, zweckmäßigen Lösungen bestechen gerade dadurch, dass sie keine formalen Kompromisse eingehen und gleichwohl das Ästhetische mit dem Nützlichen auf höchst eindrucksvolle Weise verbinden.
Für die Wiederbelebung dieser Fragen scheint unsere Zeit nun reif zu sein. Man befasst sich erneut mit der Annäherung von Form und Funktion, wie El Lissitzky sie in den 20er Jahren exemplarisch verwirklicht hatte und wie sie in der Architektur oft nur Traummarke bleibt. Manche europäische und amerikanische Künstler versuchen, jene Distanz zu überwinden, die sich mangels des öffentlichen Auftrages zwischen den beiden Polen so deutlich abzeichnet. Sie bieten Modell an, indem sie formale und ästhetische Antworten geben auf konkrete gesellschaftliche Bedürfnisse im architektonischen und urbanen Bereich, bei der Innengestaltung, den plastischen Entwürfen usw. Es scheint, dass sich dadurch der Kunst erneut ein weites Betätigungsfeld öffnet, dessen Wirksamkeit und Resonanz jedoch von der gesellschaftlichen Nachfrage in hohem Maße abhängig ist. Eine nicht unangebrachte Skepsis hält deshalb viele andere Künstler davon ab, zweckgebundene Entwürfe zu liefern; diese Autoren ziehen es vor, sozusagen im Zwischenbereich zu bleiben: Sie passen ihre Formsprache jenem Vokabular an, das tatsächlich das Vokabular des zweckgebundenen Schaffens sein könnte – wenn auch dadurch nur eine scheinbare Entsprechung entsteht.

Zu dieser Gruppe von Gegenwartskünstlern darf man den Münchner Plastiker Bodo Buhl zählen. Seine sich über zehn Jahre erstreckende Arbeit gewinnt in der letzten Zeit zunehmend an Präsenz und Wirksamkeit. Es zeigt sich, dass es sich dabei um einen eigenständigen Entwurf handelt, der die Grenzen der eigenen Disziplin – der Plastik – untersucht und ihre Topografie neu festlegt. Buhl stellt sich mit seiner Arbeit die Frage nach den Möglichkeiten der Skulptur heute: Was kann die Skulptur leisten, nachdem alle ihre Erscheinungsformen ausgeschöpft wurden und sowohl inhaltlich als auch formal keine Innovationen möglich scheinen? Ist die Erweiterung des plastischen Schaffens in die „fremden“ Bereiche der Architektur und Innengestaltung denkbar und wenn ja, unter welchen Vorzeichen? Auf diese Frage versucht auch die jetzige Ausstellung im Kunstverein eine Antwort zu geben, indem sie zehn, überwiegend für diese Schauentstandenen Plastiken dem Betrachter als Argumente unterbreitet.

Bodo Buhls Ausgangspunkt – da blicken wir ziemlich genau zehn Jahre zurück – lässt sich verhältnismäßig leicht bestimmen. Der Absolvent der Münchner Akademie war stark von der Minimal Art und vom Konstruktivismus im breitesten Sinne des Wortes beeinflusst. Eine Installation von 1979, in welcher ein Stab, ein Dreieck und ein Würfel aus blaueloxiertem Aluminium samt Kunststoffspiegel sozusagen Buchstaben eines künftigen plastischen Alphabets bilden, lässt an bestimmte Werke von Palermo – der ja im München der siebziger Jahre eine große Rolle spielte – denken. Andere Arbeiten von 1979 und 1980 gemahnen an die Kastenobjekte von Donald Judd: puristisch streng auf ein Thema konzentriert, scheinen sie einer mönchischen, keinesfalls öffentlichen Sphäre anzugehören. Alles in allem handelt es sich hier um Einflüsse, die einen jungen Absolventen der Münchner Akademie ehren, aber eher die künftige Orientierung des Künstlers als das Atypische der späteren Arbeiten verraten. Der Bruch zeichnet sich um 1982 ab mit den Plastiken wie „Flamingo“, „Businessmen“ und „Allegro“. Auf Anhieb scheint hier die „minimalistische“ Ästhetik überwunden zu sein; ein anderer plastischer Begriff tritt in den Vordergrund, jener, der zunächst mit der Form als Ausdruck der Erinnerung zu tun hat.

Man kann diese und auch viele spätere Plastiken von Bodo Buhl als Verweise auf Formen lesen, deren Ursprung im Bereich der Architektur, des Designs und der Kunstgeschichte – wobei es einige Schwerpunkte wie die 20er und 50er Jahre gibt – liegt. So möchte man beispielsweise hinter „Flamingo“ das Modell für ein unausgeführtes Karibik-Hotel aus den späten Fünfzigern vermuten, hinter „Allegro“ den Entwurf für ein Firmensignet aus der gleichen Zeit usw. Beim näheren Hinschauen bleibt ein gewisser Zweifel zurück, denn die angeblichen Modelle und Entwürfe erweisen sich als perfekte, übrigens in ausgefallenen Materialien ausgeführte Surrogate. Als „echte“ Modelle sind sie unbrauchbar, als Vorlagen für Design ungeeignet. Vielmehr haftet ihnen etwas seltsam „Altmodisches“ an – sie wirken, als ob sie einer nostalgischen Gebrauchsanweisung für „Do-it-yourself“-Einrichtungen eines Architekturbüros von 1955 entsprungen wären. Dieser nostalgische „Touch“ ist Bestandteil der künstlerischen Strategie von Bodo Buhl, dessen plastisches Schaffen gleichzeitig mehrere Ebenen umfasst und diese miteinander bzw. gegeneinander „spielen“ lässt: Form, Farbe, Oberfläche, Material, Raumwirkung, assoziative Verweise, kunsthistorische Zitate usw.

Mit diesen Ebenen – es kommen einige weitere hinzu – haben wir bei allen nach 1983 entstanden Skulpturen von Bodo Buhl zu tun, auch wenn es sich um scheinbar sehr einfache Formen wie „Solitär“ von 1988 handelt. Auch dieser aus Edelstahl angefertigte Würfel ist kein Objekt der Minimal Art, wie man beim flüchtigen Hinschauen vermuten möchte, sondern ein provokativ abstraktes, glänzendes und schönes Surrogat der Minimal Art. Diese Skulptur wirkt durch ihre Oberfläche und räumliche Präsenz, weniger dagegen durch ihre kunst- oder kulturhistorische Assoziationskraft. Andere Skulpturen verfügen in hohem Maße über diese Wirkung, so beispielsweise „Beryll“, eine völlig abstrakte, aus drei stereometrischen, mittels Lackierung auf Hochglanz gebrachten Formen bestehende Plastik, die sowohl an das Reich der Mineralien als auch an die ungemein reiche Geschichte der abstrakten Skulptur in diesem Jahrhundert denken lässt. Buhl gelingt es, diese Assoziationen nicht „direkt“, sondern „mittelbar“ freizulegen, die versteckten Anspielungen und ironischen Hinweise hinter der schönen, tadellosen Oberfläche zu verstecken. So spielte die vor kurzem im Münchner Kunstforum auf einer breiten Platte installierte, zweiteilige Skulptur die Rolle eines in die dritte Dimension überführten „kubistischen“ Bildes („Le tableau cubiste“). Dabei ging es nicht so sehr um eine „plastische“ Transkription der Werke von Braque oder Picasso, als vielmehr darum, einer präzisen, verführerisch glänzenden Form ihre assoziative Bedeutung zu verleihen.

Es gibt plastische Arbeiten von Bodo Buhl, in welchen die einzelnen Ebenen wie Form, Farbe, Oberfläche und Raumwirkung insofern zu Faktoren eines ironisch-täuschenden Spiels werden, als innerhalb des plastischen Ensembles verschiedene Materialien und Formteile angewendet werden. Bereits in einer Installation, die Bodo Buhl „privat“ für einige geladene Gäste (die Aktion war übrigens ein Misserfolg) in der Lothringerstraße einrichtete, kamen mehrere plastische Komponenten wie Holz, Kunststoff und Fotografie zusammen. Dieses Prinzip wird auch in einigen neueren Arbeiten wie „Ladies“, 1988, angewendet. Es handelt sich dabei um drei Ringe, die entfernt an gigantische Erzeugnisse der Juweliere oder aber an Großreklamen für dasselbe Gewerbe (Assoziationen mit den Vergrößerungen von Claes Oldenburg wie z. B. die Kasseler „Spitzhacke“ sind nicht vollkommen abwegig) erinnern. In Wirklichkeit prüft der Künstler die formalen Bezüge von einem liegenden und zwei stehenden „Ringen“, indem er diesen Formen unterschiedliche Oberflächen zuordnet: metallene, lackierte und matte, die samt ihrer unterschiedlichen Farben und Formen das Spiel der Assoziationen ad infinitum führen können.

Bodo Buhl bedient sich eines breiten Materialspektrums und eines nicht weniger breiten Formvokabulars. Holz, Lack, Aluminium, Edelstahl sowie die teilweise exotischen Furniere – die Plastiken wie „Koto“ und „Macassar“ leiten ihre Namen von den farbigen Furnieren ab – stellen keinesfalls Materialien dar, aus welchen, wie in der traditionellen Skulptur, durch die Bearbeitung eine Form entstehen soll. Vielmehr dienen sie dazu, den präfabrizierten oder handwerklich hergestellten Formen jene ästhetische Qualität zu verleihen, die für die Wirkung „nach außen“ bedeutend ist. Buhl nutzt diese Eigenschaften, um Skulpturen zu schaffen, die ihre irritierende Präsenz und Schönheit zur Schau stellen, ohne ihren wahren Charakter als Surrogate zu verbergen: Die Kunst nicht als „schöner Schein“, sondern als Spiegelbild der Realität.

Felix Zdenek
Katalog ULTRA
1988